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Der Teufelstein in Haibach im Mühlkreis (2)

Ein Lokalaugenschein am Teufelstein

Auch ohne sich mit dem Teufel einlassen zu müssen erkennt man,
wenn man auf dem Stein steht, daß der Bockbeinige in der
mythologischen Erklärung einen Pferdefuß hinterlassen hat!
Die Rinnen und Rauten im Stein - wurden sie tatsächlich von
Menschenhand in den Stein gehauen?
Es war auch nicht der Teufel, der sie schuf, sondern wohl am
ehesten Mutter Natur! Granitgestein verfügt über Spaltlinien, die
zum Teil parallel verlaufen und im Volksmund als "Lassn" bezeichnet werden. Steinmetze zerkleinern Felsbrocken anhand dieser Spaltebenen. Die Verwitterung setzt ebenfalls an diesen Spaltebenen an (Abb.9). Den für Granitgestein typischen Verwitterungsvorgang nennt man Wollsackverwitterung (sh. Eurojournal, 7.Jg., 2001, Heft 1, S.13f). Auch das Grübchen sieht nicht unbedingt artefiziell aus.
So bleibt noch das Dreieck. Auf der Suche nach ähnlichen "Felsbildern" in Oberösterreich wurde ich auf dem Dachsteinplateau fündig. Dortige Dreieckfelsritzbilder lassen sich unschwer als weibliche Sexualsymbole interpretieren. Während diese Darstellungen von den Felsbildforschern Burgstaller und Kühn der Urgeschichte bzw. der LaTène Zeit zugeordnet wurden, datiert man sie heute ins späte Mittelalter oder in die frühe Neuzeit. Die Dreiecke zeigen einen ähnlichen Verwitterungszustand wie in den Felsen gemeißelte Jahreszahlen, die sich bis ins 15. Jh zurückverfolgen lassen, oder wie Jesusmonogramme.
Das gleichschenkelige Dreieck auf dem Teufelstein sieht anders aus als die von Menschenhand geschaffenen Dreiecke, die von Felsbildern her bekannt sind. Am Teufelstein sind nicht die Seitenlinien des Dreiecks in den Fels gezeichnet, sondern die ganze Dreiecksfläche, wobei die Fläche nach einer Seite hin flach in die Oberfläche des Steines ausläuft. Wenn man bedenkt, daß das Dreieck auf der horizontalen Oberseite des Steines der Witterung und vor allem dem Eis ungeschützt ausgesetzt ist, dürfte man erwarten, daß die Verwitterung im Laufe von Jahrtausenden (wie eine Tafel neben dem Stein behauptet) das Dreieck längst unkenntlich gemacht hätte. Ich hielte es für denkbarer, daß Frosteinwirkung eine dreieckige Platte entlang von Spalten vom Felsen abgesprengt hat. Die zwei scharfkantigen Dreiecksseiten setzten sich nämlich unter den Flechten als Sprünge im Gestein fort.
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Autor:
  Dr. Thomas Schwierz
  Artikel aus dem EuroJournal
  Linz – Mühlviertel –
  Böhmerwald Heft 4/2001

  Das Bild vom Teufelstein
  Mytholog. Hintergrund
  Stierkult
  Dreizahl und Dreieck
  Der Teufelstein - ein
  keltisches Weg- und
  Wasserheiligtum?
  Ein Lokalaugenschein
  am Teufelstein
  Präzession
  Schlussbemerkung
  Literatur


  Millionenbauern
  Zollmuseum

  Webereimuseum
  Breitenberg


 
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Präzession
  
Die Erde wandert auf ihrer Umlaufbahn einmal im Jahr um die Sonne und dreht sich einmal am Tag um die eigene Achse. Diese Achse steht zur Ebene der Umlaufbahn ca. 66,5° geneigt. Dadurch werden auf dem Weg um die Sonne Nord- und Südhalbkugel abwechselnd, einmal mehr und einmal weniger stark von der Sonne beschienen, was die Jahreszeiten bedingt.
Darüber hinaus vollführt die Erde noch eine weitere Bewegung, die Präzession. Man versteht darunter das "Schlingern" der Erdachse. Wie bei einem frei rotierdenden Kreisel führt die Achse selbst eine Kreisbewegung aus. Bis die Erdachse wieder in ihre Ausgangsrichtung zurückgekehrt ist, vergehen ca. 26000 Jahre (=Platonisches Jahr).
Die Bahn, die die Sonne von der Erde aus gesehen im Jahreslauf auf dem Fixsternhimmel beschreibt, bezeichnet man als Ekliptik. Die Sternbilder, die auf der Ekliptik liegen und die die Sonne aus der Perspektive der Erde der Reihe nach überdeckt, sind die Tierkreisbilder. Durch die Präzession ändert sich diese Perspektive, d.h. die Sonne verschiebt sich gegenüber dem Fixsternhimmel.
Der griechische Astronom Hipparch von Nikaia definierte im 2. Jh. v. Chr. den Zeitpunkt der Tag-Nacht-Gleiche im Frühling (20./21. März) als Frühlingspunkt. Dieser Frühlingspunkt wandert aufgrund der präzessionsbedingten Perspektivenverschiebung alle 2160 Jahre um ein Tierkreisbild weiter, d.h. die Sonne stand zu Frühlingsbeginn im Jahre 3000 v. Chr. im Sternbild des Stieres, 1000 v. Chr. im Sternbild des Widder und befindet sich heute im Übergang vom Fisch in den Wassermann.
Die Tierkreiszeichen, auf denen die Astrologie aufgebaut ist, werden durch Kalendertage im Jahr festgelegt und dürfen nicht mit den Tierkreisbildern (Sternbilder am Fixsternhimmel) verwechselt werden. Im 2. Jh. v. Chr. waren Tierkreiszeichen und Tierkreisbilder zeitlich ident. Während die Tierkreiszeichen nach wie vor konstant an den Kalender gebunden sind (z.B. Wassermann: 21.1.-19.2.), rücken die Tierkreisbilder durch die Präzession weiter. So steht die Sonne heute im Wassermann vom 16.2. bis 10.3. Wie man daraus ersieht, nähert sich der Frühlingspunkt dem Wassermann.
Was hat das alles mit dem Teufelstein zu tun? Laut Stadler steht (heutzutage!) zu Beginn des keltischen Frühlings am 1. Februar das Sternbild des Stieres "genau über der geradlinigen Verbindung der Steinzeichen hoch am Himmel". Auf dieser heutigen(!) Konstellation baut Stadler die mythologische Erklärung des Teufelsteines als keltisches Heiligtum auf. Doch kann aufgrund der Präzession der Erde am 1. Februar vor 2000 Jahren mit Sicherheit nicht das Sternbild des Stieres über dem Stein gestanden sein!
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Schlußbemerkung

Vor uns steht nun ein offizielles Gemeindewappen, ein denkwürdiger Stein mit einer Teufelssage sowie eine schwerlich tragfähig erscheinende, gedankliche Brückenkonstruktion zu alten Mythologien. Neben dem Stein ist eine Tafel aufgestellt, die diesen als jahrtausendealte Kultstätte ausgibt. Der Text der Tafel kann sogar im Internet nachgelesen werden (www.iris.at/gemeinde/haibach/denkmal.htm).
Die Tatsache, daß der Teufelstein einen Namen trägt, weist auf seine Besonderheit hin. Die Teufelssage wäre für eine vermeintliche vorchristliche Kultstätte keineswegs untypisch, beweist diese jedoch nicht. Andererseits läßt sich, auch wenn die "Zeichen" im Stein wohl natürlichen Ursprungs sind, deshalb eine mögliche, wenngleich unwahrscheinlich erscheinende, kultische Verwendung des Steines zu früheren Zeiten nicht ausschließen.
Wie dem auch sei, der Teufelstein ist es wert, als Naturdenkmal Beachtung zu finden. Es war der Verdienst von Prof. Stadler, auf den Stein aufmerksam gemacht zu haben. Durch die analytische Betrachtung der Sage und durch die mythologischen Überlegungen gab er Anstoß, die Problematik aufzuzeigen, der die Bewertung und Zuordnung sogenannter "alter Kultstätten" unterliegen kann.
Daß die Beschäftigung mit alten Mythologien, Kultstätten und Naturdenkmälern interessant und wertvoll ist, steht außer Zweifel. Sagen, Mythen und Naturerlebnis bieten darüberhinaus auch eine Anregung und Möglichkeit, Ruhe zu finden, nachzudenken, vielleicht in Kindheitserinnerungen zu träumen und Distanz vom Alltagsleben zu gewinnen.
Daß die Kelten zur Zeit recht gut im Trend liegen, hat damit freilich wenig zu tun. In Buchhandlungen sind ganze Regale gefüllt mit (zum Teil recht dubioser) Keltenliteratur. "Modernen Druiden" sei zu bedenken gegeben, daß es wertlos ist, unkritisch in eine Art romantischen Anachronismus zu verfallen. Wir sind Menschen des 21. Jahrhunderts und können nur als solche unser kulturelles Erbe in Form von Fundstätten, fundiertem Wissen sowie Tradition und Brauchtum pflegen. Dann werden wir uns auch in Zukunft daran erfreuen.
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Literatur

Baumert HE.: Oberösterreichische Gemeindewappen. Linz 1996
Biedermann H.: Knaurs Lexikon der Symbole. München 1998
Campbell J.: Die Masken Gottes. Band I-IV. Basel 1991, 1992
Cortesi A.: www.cortesi.ch/Wissen/...
Fichtl F.: Der Teufel sitzt im Chorgestühl. Eschbach 1985
Green MJ.: Keltische Mythen. Stuttgart 1994
Keller H-U.: Das Himmelsjahr 1986. Sonne, Mond und Sterne im Jahreslauf. Stuttgart 1986
Klauser T.: Reallexikon für Antike und Christentum. Band IV. Stuttgart 1959
König MEP.: Am Anfang der Kultur. Die Zeichensprache des frühen Menschen. Frankfurt, Berlin, Wien 1981
Mandl F.: Felsritzbilder des östlichen Dachsteinplateaus. Kleine Schriften der Abteilung Schloß Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joaneum, Heft 14. Trautenfels 1988
Matthews I. et C.: Lexikon der Keltischen Mythologie. Berlin 1997
Milfait O.: Das Mühlviertel. Sprache, Brauch und Spruch. Gallneukirchen 1993
Parrot A.: Mari. München 1953
Rienecker F.: Lexikon zur Bibel. Wuppertal 1960
Mitteilungen von Peter Stadler senior et junior

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