Der Haptstock
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Vom Schwärzen
in der Gemeinde Nebelberg
Viele Erzählungen - wahre und weniger wahre - ranken sich um das Schmuggeln, auch Schwärzen genannt, wegen der schwarzen Farbe, die sich die Leute ins Gesicht schmierten, um sich unkenntlich zu machen. Das war wichtig, weil sich die Schmuggler und ihre Gegner, die Grenzer, oft persönlich kannten
,Ja, wir wissen noch, wer zu den Schmugglern zählte, und was geschwärzt wurde", sagen die Leute, wenn man sie danach fragt. Aber dann beginnt das große Schweigen, denn auch heute redet niemand gerne über diese Zeit, vor allem nicht mit fremden Leuten.
Armut und Kinderreichtum
Geschwärzt wurde früher aus Not. Arm waren die Leute hier in dieser kargen Gegend im Mühlviertel, und kinderreich die Familien. Verschiedenste Waren brachte man über die Grenze. Vor allem beim Salz zahlte es sich aus. Das bayrische Salz war um ein Vielfaches billiger. Eier und Butterschmalz hingegen wurden hinüber verkauft, Margarine wiederum herüber.
Auch Tabak, Kaffee und waren begehrte Schmuggelgüter. Selbst Tiere, von Hühnern, Schweinen bis hin zu Rindern und Pferden, trieben die Schwärzer in Nacht- und Nebelaktionen über die Grenze. Kleine Schweine, mit Schnaps betäubt, damit sie ruhig blieben, wurden, im Heu versteckt, hinüber- oder herübertransportiert.
Alle kannten die Cliquen. Schwärzer gab es fast in jedem Haus, das mag auch dabei eine Rolle gespielt haben, daß niemals jemand verraten wurde. Und wenn eine Mutter sagte: "Kinder betet heute, die Buben sind wieder unterwegs", dann wußten wir, sie waren auf Schmuggeltour, weiß ein Nebelberger heute noch zu erzählen.
Zusatzeinkommen
Vor allem jüngere Leute beteiligten sich am Schmugglergeschäft, häufig Knechte, die meist recht armselig lebten und sich mit Schwärzen ein wenig Geld dazuverdienen konnten.
Natürlich waren die Unternehmungen nicht ungefährlich, denn es gab auch etliche gewaltsame Auseinandersetzungen, wenn die Schmuggler von den Zöllner (="Assehem") erwischt wurden. Die Geschichte weiß zu berichten, daß einmal ein derartiges Zusammentreffen mit einem tödlichen Schuß endete. Zumeist aber brachte eine mißlungene Tour die Schmuggler bloß ins Gefängnis.
Hier in Nebelberg war es manchmal eher eine Art spielerischer Wettkampf, welcher zwischen den Bewohnern und den Zöllnern ausgetragen wurde. Mit allen möglichen Tricks sollten die Zöllner hinters Licht geführt werden. Häufig gelang dies auch, denn die Zöllner oder "Asseher", wie sie der Volksmund nannte, stammten immer aus anderen Gegenden und waren deshalb mit der Region nicht so vertraut. Das war ein Vorteil, den sich die Einheimischen meist mit Erfolg zunutze machten.
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Bericht von Heinrich Pfoser
aus dem EuroJournal MB 3/1997
Grenzabenteuer
Ein Nebelberger, der auch heute noch sicherheitshalber anonym bleiben will, erzählt:
"Meine Mutter, sie wurde "Schmugglerkönigin" genannt, war besonders geschickt. Ihren Titel hat sie sich redlich verdient.
Die Zöllner wußten nie so recht, was sie im Schilde führte. Eines Tages erspähte sie einen Asseher im nahen Gehölz, der sie offenbar beobachtete, in der Hoffnung, sie beim Schmuggeln zu erwischen. In einer plötzlichen Eingebung füllte sie, gemeinsam mit ihrem Schwager, in der Scheune einen Sack voll mit Heu. Mit dem vermeintlich furchtbar schweren Sack gingen beide daraufhin in Richtung Grenze. Der Zöllner rannte sofort auf sie zu, er glaubte sie auf frischer Tat ertappt zu haben und war sich seines Erfolges schon sicher. Da warf der Schwager dem Zöllner den Sack vor die Füße und meinte nur: "Das ist Heu für meine Rösser, sonst nichts. Der Zöllner war bis auf die Knochen blamiert und hütete sich in Zukunft, jemanden voreilig zu kontrollieren".
Kleine Episoden wie diese sind häufig passiert. Die Bevölkerung bewahrte diese Vorfälle in ihrer Erinnerung, sie wurden und werden bei geselligen Zusammenkünften gerne erzählt. Über die ernsteren Geschehnisse dagegen schweigt man in Nebelberg auch heute, noch lieber.
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